Jahreskreisfest Wintersonnenwende: alte Rituale in neuem Glanz

Petra Gompper • 19. Dezember 2021

Mit der Wintersonnenwende beginnt eine besondere Zeit im Jahr: die Traumzeit. Mit der Kraft unserer Seele erträumen wir das neue Jahr. Es entstehen traumhafte Bilderwelten, die sich im Laufe des Jahres realisieren – sie werden Materie. Das wichtigste dabei: Licht. Genau das wird mit der Wintersonnenwende in der dunkelsten Nacht im Jahr neu geboren.

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Yul und der Vegetationszyklus von Mutter Erde


Yul oder die Wintersonnenwende ist eines von acht Festen im Jahreskreis. Unser Jahreskreis basiert auf dem Vegetationszyklus der Erde.


Ein Zyklus wiederholt sich immer wieder und ist doch jedes Mal anders. So auch im Jahreskreis. Jedes Jahr kommt die kalte Zeit mit dem Winter und jedes Jahr kommt auch wieder die warme Zeit des Sommers. Doch jedes Jahr ist es anders. Mal haben wir viel Schnee im Winter, mal keinen. Mal haben wir Temperaturen über 30 Grad, manchmal fragen wir uns, wo der Sommer geblieben ist.


Dies spiegelt uns das 5. kosmische oder hermetische Gesetz: das Gesetz des Rhythmus. Alles fließt und der Rhythmus gleicht aus. Alles im Kosmos bewegt sich deshalb nach natürlichen Zyklen. Mehr zu den kosmischen Gesetzen gibt es hier.


Auf den Tag folgt die Nacht, auf Geboren werden Sterben, auf das Einatmen das Ausatmen. Energien bewegen sich rhythmisch zwischen verbundenen Gegensätzen. So entstehen immerwährende Zyklen, die nach dem Prinzip des Ausgleichs funktionieren.


Yul und die Energien von Sonne und Erde


Die Hauptenergien, die im Vegetationszyklus der Erde wirken, sind die beiden Energiepolaritäten Sonne und Erde.

Die Sonne ist in ihrer Energiequalität Impuls, Auslöser und Fokus. Die Erde ist in ihrer Energiequalität Fruchtbarkeit, Wachstum und Materie.


Dies drückt sich auch im 4. kosmischen oder hermetischen Gesetz der Polarität aus. Alles ist zweifach, alles ist polar, alles hat zwei Gegensätze. Polarität sind verschiedene Zustände derselben Sache. Es ist immer ein und dasselbe, lediglich die Schwingungsebene drückt sich anders aus – denn alles ist bereits vorhanden.

Hell und Dunkel sind Seinszustände des Lichts, Wärme und Kälte sind Temperaturen, Wut und Freude sind Gefühle. Die Polarität macht es für uns begreifbar. Durch sie können wir bewerten und entscheiden.


Yul und die 8 Energiequalitäten im Jahreskreis


1. November – Samhain: Energiequalität Rückzug und Innehalten

21. Dezember – Jul (Wintersonnenwende): Innenschau und Essenz

1. Februar – Imbolc: das Beginnende und die Möglichkeiten

21. März – Ostara (Frühlingstagundnachtgleiche): das Wachstum und das Formbare

1. Mai – Beltane: das Wachstum und die Differenzierung

21. Juni – Litha (Sommersonnenwende): das Reifen lassen

1. August – Lugnasad: die Fülle und der Genuss

21. September – Mabon (Herbsttagundnachtgleiche): die Vorsorge und das Vergehen


Aus dem Vegetationszyklus der Erde ergeben sich für uns vier Sonnenfeste und vier Erdfeste. Für unsere Vorfahren war der Wandel der Energien in der Natur und im Kosmos fest eingebunden in den Jahreskreis.


Sie gingen davon aus, dass die Erde ein lebendiges Wesen ist – die Muttergöttin, die alles erschafft – und dass alles auf unserer Erde beseelt war. Der Vegetationszyklus war für unsere Ahnen die Lebensgrundlage und alles was lebt und wächst wandelte sich nach den kosmischen Gesetzen im Jahreskreis.


Unsere Vorfahren und Ahnen beobachteten die Natur und übertrugen das erhaltene Wissen auf ihr Leben. Sie beobachteten, dass im Jahreskreis 8 verschiedene Energiequalitäten in bestimmten Phasen des Vegetationszyklus besonders stark zu sehen waren. Mehr zu den Energiequalitäten gibt´s in meinem Blogbeitrag: Wissen unserer Ahnen im Jahreskreis.


Yul und die Energiequalität Innenschau und Essenz


Yul oder die Wintersonnenwende war für unsere Vorfahren eines der großen Feste im Jahreskreis. Es ist ein Fest des Lebens und der Lebenskraft und ebenso eines der Wiedergeburt, wenn die dunkle, kalte Zeit des Winters erfolgreich durchschritten ist.


An der Wintersonnenwende gebiert in der dunkelsten aller Nächte Mutter Erde das Licht für das kommende Jahr. Das Licht beginnt, das Dunkle zu verdrängen und die Tage werden langsam wieder länger.

Jedes Jahr wurde dieser Zeitpunkt herbeigesehnt, denn mit dem neuen Licht kehrte auch das Leben langsam wieder in die sichtbare Natur zurück.


Mit der Wintersonnenwende beginnt die Zeit des Träumens – unseren Wünschen für das neue Jahr eine Gestalt geben und sie zum Leben erwecken. Dazu gehört die Innenschau. Unbeeinflusst vom Außen das zu finden, was in diesem Jahr einen Platz in unserem Leben erhält. Und dem all die Energie zu geben, was es braucht, damit es im Laufe des Jahreskreises immer mehr Gestalt annehmen kann, bis es zu einem Teil unseres Lebens geworden ist.


Yul und überlieferte Bräuche


Alle Rituale und Bräuche im Jahreskreis sind ursprünglich zukunftsorientiert ausgerichtet. Unsere Ahnen und Vorfahren wollten damit das Bestmögliche in ihr neues Jahr legen. Wir kennen diese Vorgehensweise als „self-fulfilling prophecy“. Eine selbsterfüllende Prophezeiung ist eine Vorhersage, die ihre Erfüllung selbst bewirkt. Eine Prognose über eine mögliche Zukunft hat also einen entscheidenden Einfluss und ist eine wesentliche Ursache dafür, dass diese Zukunft auch eintritt.


ADVENTSZEIT


Advent bedeutet „Ankunft“. In diesen vier Wochen feiern wir die Ankunft des Lichts. Wir nehmen vorweg, was dann eintreten wird: die bestmögliche Geburt des Lichts für das neue Jahr. Bei uns am weitesten verbreitet ist der Adventskranz mit vier Kerzen. Jede Kerze steht für eine Jahreszeit.


WEIHNACHTSBAUM


Der Weihnachtsbaum steht für Wachstum, Fülle und Gemeinschaft. Unsere Vorfahren und Ahnen schmückten den Baum meist mit Äpfeln, Kuchen und anderen Leckereien. Damit wurde in das neue Jahr gelegt, dass für alle ausreichend Nahrung vorhanden war.


LICHTERKETTE


Ab dem ersten Advent wird jeden Tag ein Licht mehr entzündet. Das Lichtkind wird willkommen geheißen und ihm wird der Weg gezeigt.



Mein Tipp für deine Lichterkette


Entzünde jeden
Morgen eine Kerze mehr auf deinem Esstisch. Gönn dir 10 Minuten und eine Tasse Kaffee oder    Tee und betrachte die Lichter. Lass die Lichter in dich hineinleuchten – halte Innenschau und stell dir vor, was deine Wünsche für das neue Jahr sind. Deine Herzenswünsche, die tief aus deinem Inneren aufsteigen – ohne Druck von außen und der Vorstellung es tun zu müssen.



RÄUCHERN


Das Räuchern hatte zur Wintersonnenwende und während der Rauhnächte eine ganz besondere Funktion. Alles Alte, Überflüssige, nicht mehr Notwenige konnte damit aufgelöst werden.


Mit den Räucherungen wird alles vertrieben, was die Geburt des Lichts für das kommende Jahr verhindern könnte. Das Räuchern war die spirituelle Reinigung von Menschen, Haus und Hof und vertrieb alle nichtförderlichen Energien.




Mein Tipp für deine Räuchermischung:

 

Zum Räuchern rote getrocknete Beeren (z.B. Ebereschenbeeren und Weißdorn), Holunderholz und -beeren, Eichenrinde und -blätter, Harze aus einheimischen Wäldern und Wurzeln lichtbringender Pflanzen wie Angelika (Engelwurz) und Alant.


Sehr gut passt auch Wachholder. Er zeigt uns das Verborgene, spendet Lebenskraft, erdet uns, kann Grenzen ziehen und gibt Schutz.



RAUHNÄCHTE


Die Rauhnächte waren im Jahresverlauf eine ganz besondere Zeit. Während der Rauhnächte können wir ganz deutlich die Polarität der Natur erkennen. Beide Qualitäten sind vorhanden. Die vermehrende, fruchtbare, füllende und die dunkle, tötende, strafende Energie. Dabei ist strafend nicht zu verwechseln mit Gut und Böse. Dies wären wertende Energien und die Natur wertet nicht. Sie ist einfach. Während der Raunächte wir viel geräuchert und die Zukunft für das neue Jahr erträumt.


Mein Tipp für deine Rauhnächte


Schreib ein Rauhnächte-Tagebuch. Besorge dir einen Schreibblock oder eine schöne Schreibkladde, in die du alles eintragen kannst, was dir in diesen Tagen begegnet, was in den Nächten zu dir kommt und auch wie du dich fühlst, welche Ideen du hast, welche Gespräche du führst. Einfach alles. Je detaillierter desto besser. Dein Rauhnächte-Tagebuch begleitet dich durch das kommende Jahr. Es kann dir im Laufe des Jahres wertvolle Hinweise bieten. Lass nach jedem Tag 2 oder 3 Seiten frei. Dann kannst du im kommenden Jahr zu den zugehörigen Monaten immer das nachtragen, was für dich wichtig ist und mit deinen Eintragungen während der Rauhnächte vergleichen.


ORAKELN


In dieser Zeit – vor allem während der Rauhnächte – sind die Tore zur Anderswelt besonders weit geöffnet. Deshalb war Orakeln ein weit verbreiteter Brauch und erlaubte einen Blick in die Zukunft.

 


Mein Tipp für das Orakeln

 

Was sich beim Orakeln zeigt ist nicht dein festgelegtes Schicksal. Du kannst jederzeit dein Leben – und auch das Orakel – neu ausrichten und gestalten. Unsere Vorfahren und Ahnen nannten das „Wenden“. Sie wendeten das, was ihnen vom Orakel gezeigt wurde und für sie nicht förderlich war, in etwas anderes. In etwas, was für sie förderlich war. Probier es aus und mach es wie deine Vorfahren und Ahnen: bestimme selbst darüber, was im neuen Jahr einen Platz bei dir bekommt.



WETTERVORHERSAGEN


Die Menschen legten während der Rauhnächte einen Wetterkalender an. Das Wetter in diesen Tagen stand für das Wetter des kommenden Jahres.


FARBEN


Die ausgewählten Farben waren meist gold, grün und rot. Gold stand für das Licht, Grün für die Natur und das Leben, Rot für die Fruchtbarkeit, Energie und Lebenskraft.


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Die Autorin






Petra Gompper ist systemischer Coach, Spezialistin für traditionelle westliche Heilkunde und Betriebswirtin. Sie verbindet, was zunächst nicht zusammenpasst: Spiritualität, Natur und Wissenschaft. Ob problemorientiert oder potenzialorientiert - sie zeigt Menschen, wie sie ihr allerbestes Leben finden können. Sie lebt mit ihrem Mann in Lenningen, glaubt an die Schöpferkraft jedes Menschen, liebt ihre morgendliche Tasse Kaffee, gutes Essen und verbringt gern Zeit mit ihren erwachsenen Söhnen.

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